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Dr. Alina Sobhani, 04.07.2024
Zusammenfassung In aller Kürze

Beruf, Arbeitsunfähigkeit und Sozialrecht

Für berufstätige Menschen mit einer chronisch verlaufenden Nierenerkrankung, wie der Fokal-segmentalen Glomerulosklerose (FSGS) oder einer Minimal Change Disease (MCD), stellen sich verschiedene Fragen: Lässt sich meine Arbeit auf meine Erkrankung anpassen? Was sollte ich bei der Kommunikation mit meiner Arbeitgeberin oder meinem Arbeitgeber beachten? Was, wenn ich auf finanzielle Unterstützung angewiesen bin? In diesem Artikel findest Du praktische Überlegungen und Anregungen zur Vereinbarkeit von Beruf und einer chronischen Nierenerkrankung. Auch über sozialrechtliche Regelungen und mögliche Unterstützungsangebote kannst Du Dich hier informieren.

01. Vereinbarkeit von Beruf und Erkrankung

Ob und in welcher Form sich eine Fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS) oder eine Minimal Change Disease (MCD) auf die Arbeit auswirkt, kann bei jedem Menschen anders sein. Das hängt von der Art des Berufs ab und welche Tätigkeiten damit verbunden sind. Aber auch die Symptome, der Schweregrad der Nierenerkrankung und die Nebenwirkungen der Behandlung spielen dabei eine Rolle.

Symptome und Schweregrad

Sowohl FSGS als auch MCD können zu Symptomen wie Eiweißverlust über den Urin (Proteinurie), Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe (Ödeme), Müdigkeit, Bluthochdruck und erhöhte Anfälligkeit für Infektionen führen. Wie stark die Symptome ausgeprägt sind, kann von Person zu Person unterschiedlich sein. Einige Menschen haben milde Symptome, während andere schwerwiegendere Komplikationen haben. Ob und in welchem Ausmaß Menschen mit einer FSGS oder eine MCD einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können, hängt von ihrer individuellen Gesundheit ab.

Behandlung

Auch die Behandlung kann sich darauf auswirken, wie gut Menschen mit einer FSGS oder einer MCD ihre beruflichen Aufgaben ausüben können. Beide Erkrankungen werden mit Medikamenten behandelt. Dazu zählen Immunsuppressiva wie zum Beispiel Kortikosteroide. Wie und ob sich die Medikamente auf die berufliche Tätigkeit auswirken, kann variieren. Deshalb ist es wichtig, die möglichen Nebenwirkungen schon frühzeitig zu kennen. Das behandelnde Ärzteteam hilft, diese einzuordnen und zu verstehen. Wenn eine Plasmapherese, Dialyse oder Nierentransplantation notwendig wird, dann sollte die Vereinbarkeit von Behandlung und Beruf schon frühzeitig in der Planung berücksichtigt werden. Deine Ärztin oder Dein Arzt wird Dich dabei unterstützen.

Flüssigkeitsmanagement

Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe sind ein häufiges Symptom bei FSGS und MCD. Deshalb ist ein gutes Flüssigkeitsmanagement wichtig. Das kann regelmäßige ärztliche Untersuchungen, die Kontrolle der Flüssigkeitsaufnahme und die Anpassung der Ernährung umfassen. Damit verbunden ist ein zeitlicher und terminlicher Aufwand. Auch das kann sich auf das Berufsleben auswirken.

Arbeitsbedingungen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Berufsleben anzupassen. Flexible Arbeitszeiten oder das Arbeiten im Homeoffice zählen etwa dazu. Da der genaue Bedarf sehr unterschiedlich sein kann, sollten die Maßnahmen zur Erleichterung der Arbeitsbelastung individuell betrachtet werden.

Arbeitsaufgaben

Bei manchen Menschen kann es sein, dass sie Arbeitsaufgaben wegen ihrer Erkrankung nicht mehr durchführen können. Anpassungen der Arbeitsaufgaben oder eine Umschulung für eine andere Tätigkeit sind Möglichkeiten, den Beruf und die Erkrankung besser miteinander zu vereinbaren.

Kommunikation mit der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber

Eine offene Kommunikation kann sehr hilfreich sein. Sie müssen jedoch der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber gegenüber keine genauen Angaben zu Ihren Erkrankungen machen. Gemeinsam kann besprochen werden, welche Unterstützung erforderlich und möglich ist. Ein gutes Vertrauensverhältnis spielt dabei eine wichtige Rolle.

Es ist wichtig, dass Menschen mit FSGS oder MCD ihre persönliche Situation mit dem behandelnden ärztlichen Team besprechen und gegebenenfalls auch mit dem Betrieb und der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt. Gemeinsam können individuelle Lösungen gefunden werden, um die berufliche Tätigkeit bestmöglich aufrechtzuerhalten und dabei die individuellen Bedürfnisse und Einschränkungen durch die Nierenerkrankung zu berücksichtigen.

02. Sozialrechtliche Regelungen

Manche Menschen können durch eine Erkrankung am sozialen und beruflichen Leben nur eingeschränkt teilhaben. Für sie gibt es in Deutschland verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten, die sozialrechtlich geregelt sind. Das gilt auch für Menschen mit einer FSGS oder einer MCD.

Sozialrechtliche Maßnahmen zur Wiedereingliederung

Für Menschen, die wegen einer Krankheit zeitweise oder dauerhaft arbeitsunfähig waren, gibt es verschiedene Instrumente und Maßnahmen zur Wiedereingliederung. Die wichtigsten Instrumente sind:

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind in Deutschland gesetzlich dazu verpflichtet, ein BEM durchzuführen, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Ziel des BEM ist es, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen.

Hamburger Modell (stufenweise Wiedereingliederung)

Hierbei handelt es sich um eine stufenweise Wiederaufnahme der Arbeit. Die Arbeitszeit wird schrittweise erhöht, um die Rückkehr in den Arbeitsalltag zu erleichtern. Bei diesem Modell ist zusätzlich das ärztliche Behandlungsteam beteiligt.

Rehabilitationsmaßnahmen

Bei längerfristigen gesundheitlichen Einschränkungen kann eine medizinische oder berufliche Rehabilitation notwendig sein. Eine Reha kann sowohl stationär als auch ambulant erfolgen und zielt darauf ab, Krankheitsfolgen zu mindern und die berufliche Teilhabe zu verbessern. Die Kosten werden in der Regel von der Deutschen Rentenversicherung übernommen. Vorher muss die Rehabilitation beantragt werden. Der Antrag kann durch die Versicherten selbst, durch Ärztinnen und Ärzte, die Krankenkasse oder die Arbeitsagentur gestellt werden.

Ist eine Wiedereingliederung geplant, ist eine enge Abstimmung zwischen Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer, dem ärztlichen Behandlungsteam, dem Betrieb und gegebenenfalls der Krankenkasse oder Rentenversicherung wichtig. Es ist ratsam, frühzeitig mit allen Beteiligten zu sprechen und die Möglichkeiten der Wiedereingliederung zu klären. Bei Unsicherheiten oder Fragen kann die Krankenkasse oder die Deutsche Rentenversicherung Auskunft geben.

Unterstützung bei Arbeitsunfähigkeit beim nephrotischen Syndrom

Menschen, die für eine längere Zeit oder dauerhaft ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können, werden unterstützt, um den Lebensunterhalt zu sichern und die Lebensqualität zu erhalten. Die Art der Unterstützung hängt davon ab, wie lange die Arbeitsunfähigkeit besteht und wie sehr eine Erkrankung den Menschen beeinträchtigt:

Krankengeld

Krankengeld wird in der Regel von der Krankenkasse gezahlt. Es ist eine Lohnersatzleistung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wegen einer Krankheit mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig sind. Der Anspruch auf Krankengeld ist zeitlich begrenzt und beträgt in der Regel 78 Wochen innerhalb eines Dreijahreszeitraums. Nach Ablauf des Krankengeldanspruchs kann die Zahlung von Arbeitslosengeld oder Erwerbsminderungsrente in Betracht gezogen werden, wenn die gesundheitlichen Einschränkungen weiterhin bestehen.

Erwerbsminderungsrente

Die Erwerbsminderungsrente wird von der Deutschen Rentenversicherung gewährt. Sie ist eine Rente für Menschen, die dauerhaft wegen gesundheitlicher Einschränkungen gar nicht oder nur eingeschränkt erwerbsfähig sind. Unterschieden wird dabei zwischen der vollen und der teilweisen Erwerbsminderungsrente. Wer weniger als drei Stunden am Tag arbeiten kann, erhält die volle Erwerbsminderungsrente. Wer zwischen drei und sechs Stunden am Tag arbeiten kann, erhält die teilweise Erwerbsminderungsrente.

Schwerbehindertenausweis

Menschen mit erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, darunter Nierenerkrankungen, können einen Schwerbehindertenausweis beantragen. Der Antrag wird beim örtlichen Versorgungsamt gestellt, zusätzlich wird ein ärztliches Gutachten benötigt. Anschließend erfolgt eine Prüfung. Wenn diese eine Schwerbehinderung feststellt, erhält man einen Schwerbehindertenausweis. Menschen mit einer Behinderung haben Anspruch auf verschiedene Hilfen, die man Nachteilsausgleiche nennt. Nachteile, die durch die Behinderung bestehen, sollen damit abgemildert werden. Dazu können bestimmte steuerliche Erleichterungen, die Nutzung von Parkplätzen für Schwerbehinderte und andere unterstützende Maßnahmen zählen.

Arbeitsrechtlicher Schutz

Das Arbeitsrecht in Deutschland bietet Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wegen einer Krankheit eingeschränkt sind. Das kann einen besonderen Kündigungsschutz und Anpassungen am Arbeitsplatz einschließen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die konkreten Leistungen und Regelungen individuell variieren können und von verschiedenen Faktoren wie dem Schweregrad der Erkrankung, dem Einkommen und anderen persönlichen Umständen abhängen. Menschen, die von Nierenerkrankungen betroffen sind, sollten sich an die zuständigen Sozialdienste, Rentenversicherungsträger oder Schwerbehindertenstellen wenden, um ihre individuellen Ansprüche zu klären und Unterstützung zu erhalten. Es kann auch hilfreich sein, sich an Selbsthilfegruppen oder Patientenorganisationen zu wenden, die Erfahrungen und Informationen teilen können. Unter diesem Artikel sind verschiedene Beratungsangebote aufgeführt.

Sozialrechtliche Unterstützung für Eltern betroffener Kinder

In Deutschland haben Eltern von Kindern mit nephrotischem Syndrom verschiedene sozialrechtliche Möglichkeiten:

Kinderkrankentage und Kinderkrankengeld

In Deutschland haben Eltern Anspruch auf Kinderkrankentage, um sich um erkrankte Kinder zu kümmern. Der Anspruch besteht pro Kalenderjahr und Kind für bis zu 15 Arbeitstage pro Elternteil (bei Alleinerziehenden bis zu 30 Arbeitstage). Bei mehreren Kindern erhöht sich der Anspruch bis zu einer Obergrenze von 35 Arbeitstagen pro Elternteil pro Jahr. Kinderkrankengeld ist eine Leistung der Krankenkasse, die Eltern erhalten, wenn sie wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten können. Die genauen Bedingungen variieren und sollten direkt bei der Krankenkasse erfragt oder in den aktuellen Gesetzen nachgelesen werden.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung erlaubt es Eltern, sich für bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit freistellen zu lassen, um sich um ein erkranktes Kind zu kümmern. Diese kurzfristige Freistellung dient der schnellen Pflege des erkrankten Kindes. Während der Pflegefreistellung wird in der Regel das normale Gehalt weitergezahlt. Sofern kein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gegenüber der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung besteht, kann ein Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld bei der Pflegekasse der oder des Pflegebedürftigen gestellt werden. Das dient als Einkommensausgleich während der Pflegezeit.

Familienpflegezeit

Die Familienpflegezeit ermöglicht es Eltern, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um sich um ein erkranktes Kind zu kümmern. Hierbei gibt es die Möglichkeit, die Arbeitszeit für einen begrenzten Zeitraum zu verringern. Das bietet eine langfristigere und flexiblere Lösung im Vergleich zu kurzfristigen Freistellungen. Die Möglichkeit wird durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben unterstützt. Dieses bietet zur finanziellen Unterstützung ein zinsloses Darlehen an, das den Lohnverlust während der Familienpflegezeit mindern soll. Das Darlehen wird in monatlichen Raten ausgezahlt. Es wird direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt. Nach Ende der Familienpflegezeit muss es in Raten wieder zurückgezahlt werden.

Haushaltshilfe

Wenn ein erkranktes Kind zu betreuen ist und im Haushalt keine andere im Sinne der Krankenversicherung geeignete Person zur Verfügung steht, können Eltern bei ihrer Krankenkasse eine Haushaltshilfe beantragen. Diese Unterstützung umfasst die Versorgung des Kindes sowie hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Die Kosten übernimmt in der Regel die Krankenkasse.

Es ist wichtig zu beachten, dass die genauen Bedingungen und Leistungen je nach der individuellen Situation und den geltenden Gesetzen variieren können. Eltern sollten sich daher bei den zuständigen Sozialversicherungsträgern oder bei ihrer Arbeitgeberin oder ihrem Arbeitgeber über ihre konkreten Möglichkeiten informieren.

03. In aller Kürze

Es gibt verschiedene sozialrechtliche Regelungen und Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen in Deutschland. Maßnahmen zur Wiedereingliederung ins Arbeitsleben beinhalten das Betriebliche Eingliederungsmanagement sowie das Hamburger Modell. Sind Menschen durch eine Erkrankung dauerhaft arbeitsunfähig oder beruflich eingeschränkt kommen Krankengeld, Erwerbsminderungsrente, Schwerbehindertenausweis und arbeitsrechtlicher Schutz als Unterstützungsmöglichkeiten in Frage.
In Deutschland haben Eltern von erkrankten Kindern verschiedene sozialrechtliche Möglichkeiten, darunter Krankengeld, Familienpflegezeit, Pflegeunterstützungsgeld, Pflegezeit und Kinderkrankengeld. Der konkrete Anspruch kann individuell variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sozialdienste, Rentenversicherungsträger oder Selbsthilfegruppen können helfen, mehr Klarheit darüber zu erhalten, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt und wie sie beantragt werden können.

04. Beratungsstellen

  • BVKM – Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (www.bvkm.de)

  • Betanet (www.betanet.de)

  • Allgemeine Sozialberatungsstellen (Kirche/Wohlfahrtsverbände)

    Der Parietätische Wohlfahrtsverband (www.der-paritaetische.de)

  • Regionale Pflegestützpunkte

  • Regionale Integrationsämter

  • Sozialverbände:

    VdK (www.vdk.de)

    Sozialverband Deutschland (SoVD) (www.sovd.de)

  • Bundesverband Niere e.V.

    Nierentelefon - mittwochs 16-18 Uhr - Telefon: 0800/248 48 48

    www.sozialrecht-nierenpatienten.online

  • Selbsthilfevereine

    www.nephie.de

  • Bürgertelefone des Bundesgesundheitsministeriums

    Krankenversicherung: 030/ 340 60 66 – 01

    Pflegeversicherung: 030/ 340 60 66 – 02

  • Bürgertelefone des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

    Rente: 030/ 221 911 001

    Arbeitsrecht: 030/ 221 911 004

    Menschen mit Behinderung: 030/ 221 911 006

  • Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen

Quellen

Amboss. Gesetzliche Krankenversicherung. amboss. https://next.amboss.com/de/article/HM0KJg?q=gesetzliche+krankenversicherung#Z1773980ac9082a1dda63c49d8e21dc02. (Abruf am 08.02.2024)

Amboss. Rehabilitation. amboss. https://next.amboss.com/de/article/kn0mtg?q=reha. (Abruf am 08.02.2024)

Amboss. Soziale Sicherung. amboss. https://next.amboss.com/de/article/Uj0b-f?q=erwerbsminderungsrenten#Z555e907f3c6fb5f9f751a369a579807d. (Abruf am 08.02.2024)

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