Mit nephrotischem Syndrom erwachsen werden
Wenn Du mit einem nephrotischen Syndrom erwachsen wirst, dann kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem Du in die Erwachsenenversorgung wechselst. Das bedeutet, dass Du nicht mehr von Deiner Kinderärztin oder Deinem Kinderarzt betreut wirst. Mit dem Wechsel geht einher, dass Du nach und nach eigenständig mit Deiner Erkrankung und der Behandlung umgehst. In diesem Beitrag erfährst Du, wie das gut gelingen kann.
01. Was ändert sich für Dich?
Das Erwachsenwerden ist eine spannende Zeit, in der Du viel erlebst und Neues ausprobierst. Zugegeben, die Zeit ist nicht immer einfach. Unsicherheiten und auch Konflikte mit den Eltern gehören manchmal dazu. Bei Dir kommt zusätzlich noch Deine chronische Nierenerkrankung hinzu. Sicher wirst Du aber auch das gut hinbekommen und lernen, selbstständig mit Deiner Krankheit umzugehen.
Dazu gehört zum Beispiel, dass …
Dich neue Ärztinnen und Ärzte betreuen,
Du Deine Medikamente selbst im Blick behältst,
Du mehr über deine Krankheit und die Behandlung lernst.
Du brauchst diese Zeit nicht allein bewältigen. Es gibt verschiedene Programme, die Dich dabei unterstützen. Mehr dazu erfährst Du später in diesem Beitrag.
Der Wechsel zu neuen Ärztinnen und Ärzten
Vielleicht kennst Du Deine Kinderärztin oder Deinen Kinderarzt schon sehr lange und Besuche in der Praxis sind für Dich nichts Ungewohntes. Deine Kinderärztin oder Dein Kinderarzt kann Dich normalerweise aber nur bis zu Deinem 18. Geburtstag betreuen. Dann wechselst Du in die Erwachsenenversorgung.
Transition – Was ist das?
Transition ist der Fachausdruck für den Wechsel von der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin. In der Regel beginnt die Transition mit 18 Jahren.
Für Dich bedeutet das, dass Du zur Behandlung Deiner Nierenerkrankung zu einer Fachärztin oder einem Facharzt wechseln wirst. Es stellt sich also die Frage, welche Praxis die richtige für Dich ist. Die neue Ärztin oder der neue Arzt sollte sich zum einen gut mit Deiner Krankheit auskennen. Wichtig ist aber auch, dass Du Dich mit der Ärztin oder dem Arzt gut verstehst und in der Praxis gut aufgehoben fühlst. Vielleicht gibt es noch andere Dinge, die Dir bei der Wahl der Praxis wichtig sind, wie etwa die Frage, wie weit es zu der Praxis ist. Überleg Dir am besten, welche Wünsche und Erwartungen Du selbst hast.
Was ändert sich noch für Dich? Bislang haben Dich Deine Eltern zu ärztlichen Terminen begleitet. Wenn Du 18 bist, kannst Du selbst entscheiden, ob und wie lange Du das noch möchtest.
Schweigepflicht
Ärztinnen und Ärzte dürfen keine Informationen ohne die Zustimmung der Patientin oder des Patienten weitergeben. Dazu zählen persönliche Daten und Krankendaten. Aber auch die im Gespräch geäußerten Gedanken, Ansichten und Meinungen zählen etwa dazu. Das nennt man die ärztliche Schweigepflicht.
Unabhängig und eigenständig werden
Vielleicht haben Deine Eltern sich bislang um Deine Medikamente gekümmert und auf einen ausreichenden Vorrat geachtet. Je nachdem, welche Medikamente Du nimmst, haben sie dabei verschiedene Dinge beachtet: Was muss frisch zubereitet werden? Was muss kühl gelagert oder vor Tageslicht geschützt werden? Welches Medikament hat eine längere Lieferzeit? Welches kann ausgetauscht werden? Damit Du gut eigenständig und unabhängig mit Deiner Krankheit umgehen kannst, wirst Du diese Aufgaben mehr und mehr selbst übernehmen. Vielleicht brauchst Du dafür etwas Eingewöhnung, um eine Routine zu entwickeln.
Die Erkrankung und Behandlung besser verstehen
Wenn Du beginnst, allein zu ärztlichen Terminen zu gehen und mit Deiner neuen Ärztin oder dem Arzt über deine Erkrankung sprichst, dann kann es sein, dass Du Dir verschiedene Fragen stellst: Was bedeutet die Erkrankung genau? Wie kann sie sich entwickeln? Was sollte ich beachten? Wann sollte ich ein Medikament wechseln? Scheu Dich nicht, alle Fragen zu stellen, die Du hast. Vielleicht möchtest Du auch Deine Eltern bitten, Dir etwas genau zu erklären. Auch wenn Du zu Beginn vielleicht noch viele Fragen hast, wirst Du sehen, dass Du nach und nach Deine Krankheit und die Behandlung besser verstehst. Das kann Dir Sicherheit geben und dabei helfen, dass Deine Krankheit nicht mehr Raum in Deinem Leben einnimmt, als nötig ist. In den ärztlichen Gesprächen wirst Du mit der Zeit geübter und lernst, Deine eigenen Wünsche und Ziele anzusprechen.
02. Unterstützung bekommen
Neue Ärztinnen und Ärzte aussuchen und kennenlernen, mehr über die Krankheit und die Behandlung lernen, eigenverantwortlich mit der Krankheit umgehen – Du musst den Übergang in die Erwachsenenversorgung nicht allein bewältigen. Es gibt verschiedene Unterstützungsangebote, die Du nutzen kannst. Man nennt sie Transitionsprogramme.
TraiN – Transitionshilfe bei Nierenerkrankungen
Bei der Kindernephrologie der Uniklinik Köln kannst Du an einem individualisierten Transitionsprogramm teilnehmen: TraiN – Transition in der Nephrologie. Die Teilnahme ist schon ab einem Alter von 13 Jahren möglich. In dem Programm lernst Du schrittweise, Deine Krankheit besser zu verstehen: Wie bedeutet meine Krankheit genau? Wie kann sie verlaufen? Ist sie vererbbar? Außerdem kannst Du Gleichaltrige kennenlernen, die in einer vergleichbaren Situation sind wie Du. Vielleicht erlebt Ihr die Situation ähnlich? Oder aber auch ganz unterschiedlich? Oft hilft es, Erfahrungen auszutauschen.
Du erfährst bei TraiN, wie Du Deine Medikamente selbst vorbereitest und Dich um den Vorrat kümmerst. Wenn Du Deine Medikamente selbst organisieren kannst, macht Dich das eigenständig und Du bist weniger auf Hilfe angewiesen. Vielleicht merkst Du aber auch, dass Deine Eltern oft noch nach Deinem Medikamentenbestand fragen. Das kann auch schon mal nerven. Sicher wollen Deine Eltern Dich dann aber nur bestmöglich unterstützen. Sie haben die Verantwortung bisher getragen und müssen nun lernen, dass Du sie selbst übernehmen kannst. Auch Deine Eltern werden in dem Programm unterstützt. Mit anderen Worten: Genauso wie Du lernst, die Verantwortung zu übernehmen, lernen Deine Eltern, Verantwortung loszulassen.
TraiN unterstützt Dich auch dabei, Dir Deiner Bedürfnisse bewusster zu werden: Was wünscht Du Dir? Welche Erwartungen hast Du? Außerdem lernst Du, sie selbstbewusst im Kontakt mit Ärztinnen und Ärzten zu vertreten.
Neben medizinischen Themen beschäftigen Dich aber vielleicht auch andere Themen wie Ausbildung, Studium und Beruf oder Sexualität und Liebe. Bei TraiN hast Du eine persönliche Ansprechperson, an die Du Dich mit allen Fragen dazu vertrauensvoll wenden kannst. Eine Teilnehmerin beschreibt, wie froh sie über die Hilfe war: „Die meisten Ärzte kenne ich, seitdem ich klein bin. Es war mir peinlich zu fragen, ob ich zu meinen Medikamenten die Pille nehmen kann. Ich war froh um die Transitionsansprechpartnerin. Mit ihr habe ich schon mal Infos rausgesucht und Fragen für das Arztgespräch vorbereitet.“
Ansprechpartnerinnen Transition Nierenambulanz Uniklinik Köln
Frau Mara Reitz, M.Sc. Psychologin, Transitionsansprechpartnerin
mara.reitz@uk-koeln.de, 0221 478 39960
Frau Luisa Klein, Psych. Psychotherapeutin, Psychologin in der Kindernephrologie
0221 478 86120
Zur Website: TraiN - Transition in der Nephrologie
Weitere Transitionsprogramme
Between Jugendcoach des Kompetenznetzes Patientenschulung im Kindes- und Jugendalter (KomPaS) e.V.
Transferprogramm endlich erwachsen des KfH Kuratoriums für Dialyse und Nierentransplantation e.V.
03. In aller Kürze
Das Erwachsenwerden ist eine spannende Zeit – manchmal aber auch nervig und anstrengend. Für Jugendliche mit einer chronischen Krankheit kommen noch besondere Herausforderungen hinzu. Denn es ist die Zeit, in der sie zu neuen Ärztinnen und Ärzten wechseln. Sie müssen lernen, noch mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit und die Behandlung ihrer Krankheit zu übernehmen. Damit sie dabei nicht auf sich allein gestellt sind, gibt es professionelle Programme, die sie – und auch ihre Eltern – dabei unterstützen.
Quellen / Websites / Artikel
Gesellschaft für Transitionsmedizin. S3-Leitlinie: Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin. Version 1.1 vom 22.04.2021. (Zugriff am 04.09.2024)
Collette, P., Klein, L. C., Körner, L. M., Ernst, G., Brengmann, S., Schäuble, J., Weber, L. T. (2021). The individualized, accompanied transition program “TraiN” for adolescent kidney patients–a local initiative. Journal of Transition Medicine, 3(1). doi: 10.1515/jtm-2021-0002
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