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Annika Bausch, 07.02.2025
Zusammenfassung In aller Kürze

Wie funktioniert die RAAS-Blockade?

Fast alle Erwachsenen, die eine Nierenerkrankung haben, nehmen einen ACE-Hemmer oder ein Sartan ein. Das sind beides Medikamente, die in das sogenannte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (kurz RAAS-System genannt) eingreifen. Auch Kinder mit einer chronischen Nierenerkrankung werden häufig mit diesen Medikamenten behandelt. Aber was sind das eigentlich für Medikamente und wie wirken sie? Das erfährst Du in diesem Beitrag.

01. Das RAAS-System

Das RAAS-System reguliert in unserem Körper den Flüssigkeitshaushalt und den Blutdruck. Es besteht aus verschiedenen Botenstoffen (Hormone) und Eiweißen. Das Eiweiß Renin und die Botenstoffe Angiotensin und Aldosteron zählen etwa dazu. Sie geben dem System seinen Namen RAAS. Wird das RAAS-System aktiviert, führt das letztlich dazu, dass die Nieren weniger Salz und Wasser ausscheiden und sich die Blutgefäße verengen. Dadurch steigen Blutvolumen und Blutdruck an.

Wie beeinflusst das RAAS-System chronische Nierenerkrankungen?

Ist der Blutdruck oder das Blutvolumen zu niedrig, dann wird das RAAS-System aktiviert. Als ersten Schritt schütten die Nieren dann das Eiweiß Renin aus. Renin führt zur Bildung von Angiotensin I (sprich „Angiotensin eins“). Angiotensin I wird dann von dem Eiweiß ACE (kurz für englisch angiotensin-converting enzyme) zu Angiotensin II (sprich „Angiotensin zwei“) umgewandelt.

Angiotensin II ist der Hauptbotenstoff des RAAS-Systems. Es bewirkt, dass sich die Blutgefäße verengen und dadurch der Blutdruck steigt. Außerdem steigt der Druck im Nierenkörperchen an. Das führt dazu, dass vermehrt Eiweiß über die Nieren ausgeschieden wird. Langfristig führt der erhöhte Druck im Nierenkörperchen dort zu einer Entzündung und Vernarbung. Das Angiotensin II fördert selbst zusätzlich Entzündungen und Vernarbungen. Dadurch wird das Voranschreiten chronischer Nierenkrankheiten weiter begünstigt.

Als letzter Schritt im RAAS-System wird die Ausschüttung von dem Botenstoff Aldosteron aus der Nebenniere erhöht. Auch Aldosteron führt dazu, dass der Blutdruck und das Blutvolumen ansteigen.

Zusammengefasst ist das RAAS-System eine sehr effiziente Methode des Körpers, Blutdruck und Blutvolumen zu regulieren. Bei einer chronischen Nierenkrankheit ist das RAAS-System häufig jedoch überaktiviert. Dadurch steigt die Eiweißausscheidung der Nieren weiter an. Das führt zu einem Voranschreiten der Nierenkrankheit und langfristig zu krankhaften Veränderungen an Gefäßen und Organen.

02. Was sind RAAS-Hemmer?

Das RAAS-System kann an vielen Stellen mit Medikamenten herabgesetzt werden. Zu den Medikamenten gehören ACE-Hemmer, Sartane (AT1-Rezeptorblocker), Mineralokortikoid-Rezeptorblocker und Renin-Inhibitoren.

ACE-Hemmer

ACE-Hemmer senken den Blutdruck und wirken sich zudem langfristig schützend auf die Nierenfunktion aus. Sie werden insbesondere bei Erkrankungen eingesetzt, die zu einem Eiweißverlust über die Nieren führen. Dazu gehören insbesondere die fokal segmentale Glomerulosklerose, die Minimal Change Disease, aber auch Nierenkrankheiten, die durch Diabetes mellitus oder Bluthochdruck ausgelöst sind.

ACE-Hemmer führen dazu, dass Angiotensin I nicht zu Angiotensin II umgewandelt wird. Die Wirkstoffnamen von ACE-Hemmern enden stets auf „-pril“. Typische Vertreter dieser Wirkstoffklasse sind Ramipril, Enalapril und Perindopril.

Als Nebenwirkung führen ACE-Hemmer oft zu Reizhusten. Gelegentlich kann es auch zu einem sogenannten Angioödem kommen. Das ist eine plötzlich auftretende Schwellung in der Haut oder den Schleimhäuten. Tritt ein Angioödem im Bereich von Lippen, Zunge und Kehlkopf auf, dann kann das zu einer lebensbedrohlichen Situation führen. Der Grund dafür ist, dass die Atemwege durch die Schwellung verengt werden können. In anderen Körperregionen treten Angioödeme sehr selten auf. Sie können sich zum Beispiel durch wiederkehrende Bauchkrämpfe und Durchfall äußern.

Sartane (AT1-Rezeptorblocker)

Wie ACE-Hemmer senken auch Sartane den Blutdruck und wirken sich langfristig schützend auf die Nierenfunktion aus. Auch sie werden insbesondere eingesetzt bei fokaler segmentaler Glomerulosklerose, der Minimal Change Disease, aber auch bei Nierenkrankheiten, die durch Diabetes mellitus oder Bluthochdruck ausgelöst sind.

Sartane sind sogenannte AT1-Rezeptorblocker. Sie hemmen die Wirkung von Angiotensin II. Ihre Wirkstoffnamen enden stets auf „-sartan“. Candesartan, Valsartan und Olmesartan sind hierbei bekannte Wirkstoffe.

Sartane haben vergleichbare Nebenwirkungen wie ACE-Hemmer. Bei den Sartanen sind jedoch die Nebenwirkungen wie Reizhusten und ein Angioödem viel seltener.

Eine Kombination von ACE-Hemmern und Sartanen wird nicht empfohlen. Es hat sich gezeigt, dass sich die Wirkung dadurch nicht verbessert, sondern eher Nebenwirkungen zunehmen.

Mineralokortikoid-Rezeptorblocker (MRA)

Es gibt auch Medikamente, die verhindern, dass Aldosteron am hierfür vorgesehenen Rezeptor bindet. Dadurch hemmen sie die Wirkung von Aldosteron. Das ist die Klasse der sogenannten Mineralokortikoid-Rezeptorblocker (kurz MRA). Spironolacton, Eplerenon und Finerenon zählen etwa dazu. Bislang werden MRA kaum zur Behandlung von chronischen Nierenkrankheiten eingesetzt. Sie sind jedoch maßgeblich in der Behandlung von Herzinsuffizienz.

Höhere Aldosteron-Spiegel führen zu mehr Eiweißausscheidung über die Nieren. Deshalb erscheint ein Einsatz von MRA auch zur Reduktion der Eiweißausscheidung naheliegend. Lange zeigten wissenschaftliche Studien jedoch keine belastbaren Daten zur Wirksamkeit und insbesondere Sicherheit von MRAs zur Behandlung von Nierenerkrankungen. Vielmehr zeigte sich, dass die Kombination von ACE-Hemmern oder Sartanen mit MRAs zu gefährlichen Hyperkaliämien führen kann. Aktuelle Studien mit dem neu entwickelten MRA Finerenon konnten jedoch für die Behandlung von diabetischer Nephropathie einen langfristigen Zusatznutzen des Medikamentes zeigen. Dabei verbesserte sich die Eiweißausscheidung, das Voranschreiten der Nierenkrankheit und das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems. Der Einsatz von MRAs zur Behandlung anderer Erkrankungen mit erhöhter Eiweißausscheidung über die Nieren bleibt abzuwarten.

Renin-Inhibitoren

Der Renin-Inhibitor Aliskiren wirkt direkt zu Beginn des RAAS-Systems. Der Wirkstoff heftet sich an das Eiweiß Renin. Dadurch wird die Wirkung von Renin gehemmt. Das Medikament wird jedoch nur selten und auch nur für die Blutdruckeinstellung angewendet. Für Menschen mit einer chronischen Nierenkrankheit hat das Medikament keinen Stellenwert. Wissenschaftliche Studien haben keine positiven Effekte auf die Nierenfunktion gezeigt.

03. In aller Kürze

ACE-Hemmer und Sartane sind Medikamente, die das körpereigene RAAS-System hemmen. Sie sind aus der Behandlung von Bluthochdruck und chronischen Nierenkrankheiten nicht mehr wegzudenken. Die Medikamente senken den Druck im Nierenkörperchen. Sie senken die krankhafte Eiweißausscheidung und verlangsamen das Fortschreiten des Nierenfunktionsverlusts. Neben ACE-Hemmern und Sartanen gibt es noch weitere Medikamentenklassen, die das RAAS-System hemmen. Die Forschung arbeitet daran, ihr Potenzial zum Schutz der Nierenfunktion in Zukunft weiter ausschöpfen zu können.

Quellen:

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Hahn, Janina; Hoffmann, Thomas K.; Bock, Bastian; Nordmann-Kleiner, Melanie; Trainotti, Susanne; Greve, Jens. (2017). Notfall Angioödem. Eine interdisziplinäre Herausforderung. Dtsch Arztebl Int; 114: 489-96; https://doi.org/10.3238/arztebl.2017.0489

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Bakris GL, Agarwal R, Anker SD et al (2020) Effect of finerenone on chronic kidney disease outcomes in type2 diabetes. N Engl JMed383:2219–2229

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