Diagnose eines nephrotischen Syndroms
Das nephrotische Syndrom ist eine ernste Erkrankung der Nieren. Menschen mit einem nephrotischen Syndrom verlieren typischerweise Eiweiß über den Urin und haben einen niedrigen Eiweißspiegel im Blut. Am offensichtlichsten zeigt sich die Erkrankung aber durch Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme). Wie wird ein nephrotisches Syndrom festgestellt? Welche Untersuchungen werden gemacht? In diesem Artikel erfährst Du, wie die Diagnose abläuft und wie zugrunde liegende Ursachen ermittelt werden.
01. Welche Tests sind für die Diagnose nötig?
Zur Diagnose eines nephrotischen Syndroms werden verschiedene Tests und Untersuchungen gemacht. Im Prinzip geht es dabei darum zu prüfen, ob die Merkmale eines nephrotischen Syndroms vorliegen.
Definition eines nephrotischen Syndroms
Die Diagnose eines nephrotischen Syndroms wird gestellt, wenn verschiedene Merkmale vorliegen. Diese sind:
Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme)
zu viel Eiweiß im Urin (Proteinurie)
mehr als 3,5 g/Tag bei Erwachsenen
mehr als 1 g/m2 Körperoberfläche/Tag bei Kindern
verringerte Menge des Eiweißes Albumin im Blut (Hypalbuminämie)
erhöhte Blutfettwerte (Hyperlipidämie)
Erstes Gespräch und körperliche Untersuchung
Zu Beginn erfolgt – wie bei anderen Erkrankungen auch – die sogenannte Anamnese. Das bedeutet, dass Deine Ärztin oder Dein Arzt mit Dir über Deine Krankengeschichte spricht. Darauf folgt dann eine körperliche Untersuchung. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf:
den aktuellen Beschwerden und Krankheitszeichen,
dem Zeitpunkt, wann die Beschwerden zum ersten Mal aufgetreten sind,
der zu sich genommenen Trinkmenge und der ausgeschiedenen Urinmenge,
dem Körpergewicht,
dem Blutdruck,
sowie dem Vorhandensein von Ödemen.
Untersuchung des Urins
Ist zu viel Eiweiß im Urin vorhanden, spricht man von einer Proteinurie. Der Nachweis einer Proteinurie ist ein Schlüsselelement bei der Diagnose des nephrotischen Syndroms.
Test auf Eiweiß im Urin
Zu Beginn werden oft Teststreifen verwendet. Ein Teststreifen ist ein kleines Stück Papier, das mit chemischen Substanzen beschichtet ist. Dieser Streifen wird in eine Urinprobe getaucht. Wenn Eiweiß im Urin vorhanden ist, verändert sich die Farbe des Streifens.
Mit den Teststreifen lässt sich schnell feststellen, ob Eiweiß im Urin ist. Im weiteren Verlauf wird die Menge an Eiweiß im Urin dann genauer betrachtet.
Eiweiß-Kreatinin-Quotient
Mit dem sogenannten Eiweiß-Kreatinin-Quotienten wird die Menge an Eiweiß im Urin genauer ermittelt. Dafür misst ein Labor in einer Urinprobe zunächst den Eiweißgehalt. Je nachdem, wieviel die Person getrunken hat und wieviel Wasser sie ausscheidet, kann die Eiweißkonzentration schwanken, sodass eine Konzentrationsangabe wenig aussagekräftig ist. Um diese Problematik zu umgehen, wird der Eiweißgehalt im Verhältnis zum Kreatinin-Gehalt angegeben. Die Kreatinin-Ausscheidung pro Tag ist relativ konstant, etwa 1 Gramm pro Tag. Mithilfe des Eiweiß-Kreatinin-Quotienten kann daher auch die Eiweißmenge pro Tag errechnet werden.
Bei welcher Menge an Eiweiß im Urin eine Proteinurie vorliegt, ist bei Erwachsenen und Kindern unterschiedlich. Bei Erwachsenen ist das ein Eiweißgehalt von mehr als 3,5 Gramm pro Tag. Bei Kindern sind es mehr als 1 Gramm pro Quadratmeter Körperoberfläche am Tag. Die genauen Werte siehst Du im Infokasten oben zur Definition eines nephrotischen Syndroms.
Blutuntersuchungen
Untersuchungen von Blutproben sind ein weiterer wichtiger Bestandteil bei der Diagnose eines nephrotischen Syndroms. Dabei werden verschiedene Blutwerte ermittelt. Dazu zählen:
Eiweiß im Blut
Bei einem nephrotischen Syndrom ist der Eiweißgehalt im Blut oft erniedrigt (Hypalbuminämie). Das kann zu Schwellungen (Ödemen) führen. Die Ärztin oder der Arzt wird den Albumin-Spiegel und andere Eiweiße im Blut überprüfen.
Lipidprofil
Da erhöhte Blutfettwerte (Hyperlipoproteinämie) typisch für das nephrotische Syndrom sind, wird die Ärztin oder der Arzt die Cholesterin- und Triglyceridwerte messen.
Serum-Kreatinin und Harnstoff
Kreatinin und Harnstoff im Blut geben Aufschluss über die Nierenfunktion. Ein Anstieg kann auf Nierenschäden hinweisen.
Wird anhand der Ergebnisse der Untersuchungen die Diagnose eines nephrotischen Syndroms gestellt, dann folgt als nächstes die Suche nach der Ursache.
02. Nierenbiopsie
Als Ursache für ein nephrotisches Syndrom kommen zum Beispiel die Minimal Change Disease (MCD) oder die fokal segmentale Glomerulosklerose (FSGS) in Frage. Um die Ursache eines nephrotischen Syndroms zu klären, ist es meistens notwendig, eine Gewebeprobe aus der Niere zu entnehmen. Man nennt das eine Nierenbiopsie. Deine Ärztin oder Dein Arzt stellt die Niere mit dem Ultraschallgerät dar und führt dann unter örtlicher Betäubung eine dünne Hohlnadel durch die Haut in die Niere ein, um die Gewebeprobe zu entnehmen. Der Eingriff dauert ungefähr zehn Minuten. Die entnommene Gewebeprobe wird anschließend im Labor mikroskopisch untersucht.
Bei Kindern unter 10 Jahren mit nephrotischem Syndrom wird zunächst keine Probe aus der Niere entnommen. Solange sie auf eine Behandlung mit Kortison (Steroiden) gut ansprechen, ist das nicht nötig. Erst wenn im weiteren Verlauf die Behandlung nicht ausreichend wirken sollte, wird auch bei Kindern eine Nierenbiopsie durchgeführt.
03. Untersuchungen mit Ultraschall
Mit einer Ultraschalluntersuchung kann die Ärztin oder der Arzt die Nieren auf einem Bildschirm betrachten. Änderungen in der Form und andere Auffälligkeiten, die möglicherweise mit dem nephrotischen Syndrom in Verbindung stehen, können dabei erkannt werden. Zusätzlich wird die Ärztin oder der Arzt untersuchen, ob sich im Bereich um die Lunge oder im Bauchraum Flüssigkeit ansammelt.
04. Genetische Untersuchungen
Es gibt verschiedene genetische Veränderungen (Mutationen), die ein nephrotisches Syndrom auslösen können. Das gilt insbesondere für die fokal segmentale Glomerulosklerose (FSGS). Eine genetische Untersuchung dient dazu, diese Veränderungen festzustellen.
Folgende Aspekte weisen auf eine genetische Ursache hin:
Die Erkrankung tritt zum ersten Mal in jungen Jahren auf.
Innerhalb einer Familie sind mehrere Menschen an einem nephrotischen Syndrom erkrankt.
Eine Behandlung mit Medikamenten, die das körpereigene Abwehrsystem unterdrücken (immunsuppressive Therapie), wirkt nur begrenzt.
Insbesondere wenn Hinweise auf eine genetische Ursache vorliegen, sollte eine genetische Untersuchung durchgeführt werden. Deine Ärztin oder Dein Arzt kann Dich an entsprechende Spezialistinnen und Spezialisten überweisen.
FOrMe-Register und Spezialsprechstunde
Das sogenannte FOrMe-Register wurde aufgesetzt, um das nephrotische Syndrom weiter zu erforschen. In dem Register wird der Krankheitsverlauf von Patientinnen und Patienten mit MCD oder FSGS erfasst und Proben wie Blut und Urin gesammelt, um sie für die Forschung bereitzustellen. Im Rahmen der Forschungsinitiative wird Patientinnen und Patienten eine Spezialsprechstunde angeboten, in der sie ausführlich über die Erkrankung und zu der Teilnahme am FOrMe-Register informiert werden.
Bei Interesse kannst Du Dich gerne an das FOrMe-Register wenden.
05. In aller Kürze
Zur Diagnose eines nephrotischen Syndroms werden verschiedene Untersuchungen gemacht. Es beginnt mit einem ausführlichen ärztlichen Gespräch und einer ersten körperlichen Untersuchung. Im Labor werden anschließend Blut und Urin auf verschiedene Werte getestet. Bei Erwachsenen ist es meistens notwendig, eine Gewebeprobe aus der Niere zu entnehmen (Nierenbiopsie) und zu untersuchen. Bei Kindern ist eine Nierenbiopsie seltener nötig.
Alle Untersuchungen dienen dazu, ein möglichst umfassendes Gesamtbild der Erkrankung zu erhalten. Die genaue Diagnose fließt dann in die Planung der Behandlung ein.
Quellen
Kelepouris, E. & Rovin, B. H. (2022). Overview of heavy proteinuria and the nephrotic syndrome. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/overview-of-heavy-proteinuria-and-the-nephrotic-syndrome. (Abruf am 08.02.2024)
Amboss. Nephrotisches Syndrom. amboss. https://next.amboss.com/de/login?nextLink=%2Farticle%2FMg0MD2#Zec90a1a75b52b50b2cf09d4e37f65273. (Abruf am 08.02.2024)
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (2020). Idiopathisches Nephrotisches Syndrom im Kindesalter: Diagnostik und Therapie. AWMF-Register. https://register.awmf.org/assets/guidelines/166-001k_S2e_Idiopathisches_Nephrotisches_Syndrom_Kinderalter_2020-09-verlaengert.pdf. (Abruf am 08.02.2024)
Kuhlmann, Ulrich et al. (2015). Nephrologie. Pathologie - Klinik - Nierenersatzverfahren. Georg Thieme Verlag. doi: 10.1055/b-003-124668
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